Dobermann Mio * 9. Mai 2011 + 5. August 2020

Ich habe Mio im Sommer 2011 in den Ebay-Kleinanzeigen entdeckt. In Torgau. Mit Torgau konnte ich nicht viel angefangen. Dabei ist das so ein schönes Städtchen … Ich wohnte damals mit meiner Frau in Memmingen auf einem abgelegenen Einödhof, genauer gesagt Hitzenhofen. Als freischaffender Regisseur und Dramaturg hatte ich mit einem Schauspieler „Novecento“, ein klasse Monolog über einen Ozeanpianisten, einstudiert und wir bekamen die Chance dieses Stück in der „Brotfabrik“, einem Off-Theater in Berlin, zu zeigen. Google-Maps zeigte mir an, dass man mit einem Umweg von Berlin über Torgau nach Memmingen zurückfahren kann. Unser Navi mit der veralteten Software navigierte uns auf einer extrem komischen Route. Schlussendlich kamen wir auf eine Landstraße Richtung Torgau, die uns in die absolute Pampa führte. In mir keimte der Verdacht auf einem Betrüger aufgesessen zu sein, da ich mit Micha, dem Verkäufer von Mio, eine Kaution vereinbart hatte, die ich vorab überwiesen hatte. Aber Micha wohnte wirklich mit seiner Lebensgefährtin Tanja in einer Gartenlaube außerhalb von Torgau mitten in der Pampa. Wir waren etwas früher dran. Micha hatte Tränen in den Augen und man merkte wie schwer es ihm fiel den kleinen Mio jetzt schon abgeben zu müssen. Dabei hatte ich Wert darauf gelegt, dass Mio 12 Wochen bei seiner Mama Mia bleiben durfte. Mio und sein Bruder waren als einzige noch da, die anderen Geschwister waren schon weg. Micha ließ mich auf sein großes Grundstück schreiten und führte mir zuallererst Mia vor, Mios Mutter. Sie war ein zierliche, wunderhübsche Dobermann Dame mit Temperament, aber sie war auch unter Hochspannung; es ging schließlich um ihre Welpen. Ich wollte Mia anfassen, was ein Fehler war. Sie drehte ab und stob dann wieder direkt auf mich mit gebleckten Zähnen zu, zum Glück war das nur ein deutlicher Hinweis, dass ich sie ja nicht nochmal versuchen sollte anzufassen! Dann bekam ich Mio von Micha auf den Arm gepackt. Micha erzählte von Thysson – Mios Vater. Beide betrieben Objektschutz: „Thysson hat mir schon zwei Mal den Arsch gerettet“. Und Mio, da war sich Micha sicher: „… wird mal genauso wie Thysson! Wollen Sie Thysson mal sehen?“ Thysson war im Haus und natürlich wollte ich Thysson sehen. Das blöde war nur, dass ich Mio dafür von meinem Arm lassen musste, denn Thysson durfte seinen Sohn dort nicht sehen. Mio wanderte also in einen Verschlag und Thysson trat aus der Laube heraus. Ein riesiger Dobermann. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Micha hatte mir im Erstgespräch zwar ausdrücklich gesagt, dass Mio mal sehr groß werden würde, größer als man diese Hunde so auf der Straße sieht, aber so groß … Trotzdem war mir das in diesem Moment nicht wichtig. Auch Thysson wollte ich gerne anfassen, das ist so ein Reflex bei mir gewesen, aber als Micha meine Hand sah, die Richtung seines Dobermanns schoss, schrie er: „Nicht Anfassen, sind sie wahnsinnig …“ Er legte Thysson ab und erklärte mir, mit wieder ruhiger werdender Stimme: „Das ist ein Arbeitshund. Der lässt sich wenn dann nur von mir anfassen.“ Da war klar, was ich mir für eine kleine Wundertüte mit Mio angeschafft hatte. Übrigens waren Thysson und Mia beides Dobermänner aus dem Tierheim mit ungewissem Stammbaum. Da die Kaution sehr gering war erzählte mir Micha noch, hätten die anderen Abnehmer gefragt, ob die Hunde aus dem Osten stammten, da es immer mehr Qualzuchten in den ehemaligen Ostblockländern gibt. Hunde als Massenware und leider auch Wegwerfartikel. Das erwartete meinen geliebten Mio bei mir nicht. Er ist und war immer mein liebster Gefährte, auch wenn er manchmal launisch war oder bockte, wenn er in seiner Pflegelphase die Rangordnung mit mir auslotete. Mio ist ein Teil von mir geworden und wird das auch immer sein. R.I.P mein treuer Skolar. Ich vermisse dich und werde dich immer in meinem Herzen haben!