Bauernhofmuseum
Also das Haus mit den Drachenschuppenschindeln ist auch innen wie aus dem vorvorigen Jahrhundert. Ich hätte so gerne so ein Haus besessen. Aber wo hätte es denn herkommen sollen. Moment. Das darf doch nicht wahr sein. Du bist ja eine richtig gute Partie!?
Hör jetzt auf. Ich heirate nicht. Ich bin siebzehn Jahre alt und ich will Spaß oder ich weiß doch auch nicht richtig. Hör einfach auf mich zu ärgern. Ich bin schon angespannt genug wegen meiner Mama.
Meine Mama ist vor neun Jahren gestorben. Also: Quäle dein Mutterherz, so lange es schlägt!
Ich habe gesagt, dass du aufhören sollst.
Die Treppe windet sich eng nach dem langen Gang nach unten. Die Decken sind weiß und es handelt sich um echte Kassettendecken aus Holz, das erkenne ich sofort. Die Tür, ebenfalls aus Holz mit Steinschlossflintenklinken und Riegel. Schwer. Aus einem Stück. Die Deckenhöhe ist angenehm, nur an den Türen muss ich aufpassen, dass ich mir nicht den Kopf anschlage. Die Lichtführung ist lustig. Kleine Engelfensterchen sollen das Licht von den größeren Fenstern in den dunklen Flur weiterleiten. Unten wäre ich am liebsten gleich in den Stall gegangen, aber Cleo verbietet es mir. Sie meint, du gehst jetzt in die Küche, da sperr ich dich mit meiner Mutter ein, dann bist du vielleicht nicht mehr so frech.
So was muss man sich von so einer jungen aberwitzigen Göre sagen lassen. Denke ich mir noch aber die Küche ist auch nicht ohne. Ein offenes Feuer mit großem Kupferkessel darüber verrät, dass hier Käse gemacht werden kann. Es ist warm. Neben der großen offenen Feuerstätte, ein Küchenherd. Sensationell platzt aus mir heraus.
Grüß Gott.
Grüß Gott.
Die Mutter scannt mich nun von oben nach unten ab. Gibt mir eine Tasse mit Kaffee. Nein danke ich trinke meinen schwarz. Ich vertrage keine Kuhmilch.
Bei uns gibt es nur Kaffee mit warmer Ziegenmilch, tut mir leid. Dann ist die Tasse weg.
Hä?
Mit Ziegenmilch?
Dann ist es egal. Normalerweise bekommt man ihn ja immer mit Kuhmilch. Ziegenmilch ist perfekt.
Sie gefallen mir.
Aha.
Bin ich für ihren Geschmack nicht etwas zu alt?
Doch. Ja, aber warum soll meine Tochter anders sein als ich?
Das verstehe ich jetzt nicht. Muss ich aber auch nicht, aber jetzt scanne ich die sehr sympathische und gut aussehende Mutter von Cleo, währenddessen ich einen großen Schluck diese köstlichen Ziegenmilchkaffees zu mir nehme. Dann geht plötzlich die Tür auf. Cleo kommt rein. Mama. Bitte nicht die alten Kamellen rauskramen.
Werd nicht frech Cleo. Wenn sich Erwachsene unterhalten, dann haben die Halbstarken den Mund zu halten.
Ziegenmilch. Mhhh. Woher ist die, ich such schon lange nach einem Hof, wo ich die her bekommen kann.
Von euren Nachbarn?
Ablenkungsmanöver sind schon immer meine große Stärke gewesen und ich habe just jetzt das Gefühl, bevor die Stimmung kippt, ein bisschen ablenken zu müssen. Cleo verdreht die Augen und setzt sich an den schweren großen Küchentisch und stellt ihre wohlgeratenen nackten Füßchen auf die Latten, die die Tischbeine umschürzen. Sie sieht verdammt gut aus. Ihr langes schwarzes Haar fällt über das weiße Rüschennachthemd dass ihren wunderschönen Körper umspielt. Schneewittchen ist ein Scheiß dagegen denke ich mir noch.
Verdammt.
Für mich ist sie ernst. Während meines grübelnden Guckerles auf Cleo, in dieser alten Küche, an diesem wuchtigen Holztisch, hat mich ihre Mutter nicht aus den Augen gelassen. Sie grinst mich wissend an, als ich etwas ertappt wieder in ihre Richtung schaue.
Sie gefällt ihnen nicht war.
Mamaaaa! Lass das.
Aber er versteht uns doch. Merkst du das nicht.
Er ist einer von uns.
Immer diese Mütter, denke ich sprachlos.
Hört bitte auf, beide, oder ich muss brechen.
Ohne das ein Wort gefallen ist, haben wir uns verstanden. Das habe ich vorher noch nie erlebt. Das ist aber auch ganz schön anstrengend, denn alles darf man dann nicht mehr denken, dafür habe ich schon viel zu viel gedacht!
Cleo steht mit ihrer Tasse auf und nimmt mich an der Hand. Draußen scheint die Sonne und du hast nichts Besseres zu tun, als mit meiner Mutter über Nonsens nachzudenken. Uns verfolgt noch der Gedankenstrang der Mutter … Gar kein NONSENS …
Aber Cleo führt mich resolut und ohne Gnade aus der Küche über den Flur nach hinten in den Garten. Eine Tür geht raus. Die Sonne blendet. Eine grüne Wiese und … Das ist nicht wahr … Nein. DOCH.
Das kann doch nicht wahr sein. Meine Augen gewöhnen sich ganz langsam an die Sonne, trotzdem glaube ich zu träumen.
Und?
Glaubst du immer noch, dass ich eine gute Partie bin. Findest du mich immer noch schön?
Sind das Schwarzhalsziegen?
Ich meine, was du von mir und diesem alten verwahrlost verschissenen Scheißhof hältst …?
Ja.
Verdammt.
Ich meine, woher weißt du das?
Das sind meine Lieblingsziegen.
Du spinnst.
Nein.
Und es ist perfekt so, wie es ist.
Kurz überlege ich, ob ich vielleicht doch tot bin. Ich bin sicher im Himmel oder so.
NEIN BIST DU NICHT.
Kneif mich mal!
Aua!!
Nicht so fest!!!
Spinnst du?
Du hast gesagt, dass ich dich kneifen soll.
Und dann schaue ich mir Cleo an. Sie ist einfach perfekt. Es muss ein Traum sein. Ich schaue meinen Oberarm an und sehe den blauen Fleck vom Kniff.
Es stimmt.
Oder?
JA ES STIMMT.
Ich umarme Cleo.
Lass das, morgens ist das gefährlich bei mir.
Mir doch egal.
Nur noch ein Gedanke. Sind das eure Ziegen? Ist das euer Hof? Euer Land? Und eure eigene Ziegenmilch?
Ja.
Das waren jetzt aber vier Gedanken.
Ok.
Willst du mich heiraten?
Vergiss es.